
«Heute lachen wir wieder mehr.»
Marcel Schuler hat seine Mutter über viele Jahre hinweg begleitet – zu Hause, mit viel Engagement und Herzblut. Der Schritt ins Alterszentrum Viva Luzern Rosenberg war für beide ein tiefer Einschnitt. Heute weiss er: «Es war der richtige Moment – für sie und auch für mich.»
Es ist kurz nach halb neun an einem Frühlingsmorgen. Im Restaurant LaRose im Alterszentrum Viva Luzern Rosenberg ist es ruhig, nur vereinzelt sind Stimmen und das Klappern von Geschirr zu hören. An einem Tisch sitzen Marcel Schuler und seine Mutter Therese – eng beieinander, das Licht weich auf ihren Gesichtern. Sie hört nicht mehr ganz so gut, doch das stört in diesem Moment niemanden. Denn was zwischen ihnen zählt, ist sichtbar: Zuneigung, Vertrautheit, ein gemeinsames Lächeln, das oft aufflackert. Die beiden strahlen sich immer wieder an. Man merkt: Marcel Schuler und seine Mutter haben viel zusammen erlebt – und sie sind ein eingespieltes Team.

Ein Leben lang im Schönbühl
Seit diesem Frühjahr lebt Therese Schuler im Haus West des Alterszentrums im Maihofquartier – in einem grosszügigen Einzelzimmer, das ihr ihre Angehörigen mit vertrauten Möbeln und Erinnerungsstücken liebevoll eingerichtet haben. Bevor die heute 93-Jährige ins Rosenberg zog, wohnte sie 62 Jahre lang in derselben Genossenschaftswohnung im Luzerner Schönbühlquartier. «Bis vor zwei Jahren hat meine Mutter ihren Alltag noch weitgehend selbst gemeistert», erzählt ihr Sohn. Doch dann begannen sich die Dinge zu verändern: Vergessene Medikamente, zunehmende Unsicherheit, erste Stürze.
Was mit dem Ausfüllen der Steuererklärung begann, entwickelte sich über Jahre zu einem umfassenden Betreuungsauftrag. Gemeinsam mit seiner Frau und seinem Bruder übernahm Marcel Schuler nach und nach immer mehr Verantwortung: Er regelte die Administration, koordinierte Arzttermine, kümmerte sich um organisatorische Fragen und war im Notfall jederzeit erreichbar. Zuletzt übernahm er auch mehrere Nachtwachen und schlief vorübergehend in seinem alten Kinderzimmer. «Ich war rund um die Uhr auf Empfang.» Die emotionale Belastung stieg stetig. Gleichzeitig entstand rund um seine Mutter ein bemerkenswertes Unterstützungsnetz. «Die Nachbarn im oberen Stock haben grossartig zu meiner Mutter geschaut», berichtet Schuler. «Ohne sie wäre der Eintritt ins Alterszentrum wohl schon früher nötig gewesen.» Auch die Spitex, eine Haushaltshilfe, der Mahlzeitendienst und ein Notfallknopf am Handgelenk trugen dazu bei, dass der Verbleib zu Hause lange möglich blieb.
Der Moment des Übergangs
Doch irgendwann war klar: Es geht nicht mehr. Die Nächte wurden unruhiger, die Orientierung schwand. In einer Winternacht wollte Therese Schuler das Haus zu leicht bekleidet verlassen. Auch die Spitex und die Nachbarn machten sich zunehmend Sorgen. «Der Entscheid fiel uns allen schwer», erzählt Marcel Schuler. «Dies vor allem auch, weil meine Mutter immer sagte: Nur im allernötigsten Fall ins Heim.» Falls es doch so weit kommen sollte, sollte es das Viva Luzern Rosenberg sein. Aus gutem Grund: Das Alterszentrum war ihr nicht fremd – sie hatte dort früher Bekannte besucht, und ihr verstorbener Mann verbrachte hier seine letzten Wochen. Irgendwann war sie selber bereit dazu. «Meine Mutter ist ein sehr positiver Mensch», sagt Marcel Schuler. Als der Umzug bevorstand, meinte sie: «Jetzt passt es, jetzt gehe ich.» Für den langjährigen Sozialarbeiter, der während vieler Jahre bei Pro Senectute arbeitete und sich fachlich bestens mit Fragen rund ums Älterwerden auskennt, war diese Zeit eine intensive persönliche Weiterbildung. «Ich habe in der Theorie vieles gewusst – aber wenn man selbst so direkt und emotional involviert ist, ist es nochmals ganz anders.»
Ein gutes Ankommen
Als Therese Schuler zum ersten Mal ihr neues Zimmer im Rosenberg betrat, befand sie spontan: «Das gefällt mir.» Bei unserem Besuch im Rosenberg bestätigt sie das: «Es ist hell und sauber – und alle sind sehr nett zu mir.» Dass sie eigene Möbel und Erinnerungsstücke mitnehmen konnte, war entscheidend. Fotos, Alben und Bücher erzählen von einem erfüllten Leben. Auch das Bild einer gemeinsamen London-Reise 2016 hat einen besonderen Platz gefunden. «Diese vertrauten Dinge helfen beim Ankommen», sagt Marcel Schuler. Für den Angehörigen war der Übergang ebenfalls intensiv – aber rückblickend richtig. «Ich bin emotional entlastet. Ich weiss, dass meine Mutter gut aufgehoben ist.» Heute besucht Marcel Schuler sein Mami noch immer mehrmals pro Woche. Doch die Besuche haben sich verändert. «Früher waren sie oft belastend, voller Sorgen. Heute kann ich einfach vorbeikommen, zuhören, Zeit haben – und wir lachen wieder mehr.» Auch der Austausch mit dem Rosenberg-Team sei angenehm. «Viele Gespräche entstehen spontan auf dem Gang. Und wenn etwas ist, finde ich immer ein offenes Ohr.» Der Angehörige schätzt die Mischung aus Professionalität und Menschlichkeit.
Eine Erfahrung, die bleibt
Marcel Schuler ist 63 Jahre alt. Und klar ist: Die Erfahrungen der vergangenen Monate und Jahre haben ihn geprägt – nicht nur als Sohn, sondern auch als Mensch. «Es war eine intensive Zeit. Ich habe meine Mutter nochmals ganz anders erlebt.» Und er denkt auch an die eigene Zukunft. «Ich hoffe, dass ich später mit ähnlicher Offenheit an einen solchen Schritt herangehen kann wie meine Mutter. Ihre Haltung, ihr Mut, ihr Vertrauen – das nehme ich mit.»
Ratschläge an andere will Marcel Schuler hingegen keine verteilen, denn er weiss: «Jede Geschichte ist anders.» Und doch bleiben Gedanken: «Ein gutes Nachbarschaftsnetz ist viel wert – aber es entsteht nur, wenn man es pflegt. Hilfe annehmen ist kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil: Es kann ein Segen sein, für alle Beteiligten.» Und zum Alterszentrum sagt er: «Viele Menschen haben ein veraltetes Bild. Aber ich sehe, wie meine Mutter hier aufblüht. Früher war sie oft 22 Stunden pro Tag allein. Heute hat sie wieder mehr Gesellschaft, Struktur, Austausch.» Die gemeinsame Reise von Marcel Schuler und seiner Mutter Therese geht weiter. Anders, ruhiger – aber immer noch nah.