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«Es war an der Zeit, etwas zu unternehmen.»

Der Umzug von der Privatwohnung ins Betagtenzentrum ist für alle Beteiligten ein grosser Schritt. Wie dieser gelingen kann, zeigt das Beispiel von Margrith und Kurt Haverkamp aus dem Viva Luzern Wesemlin.

Eigentlich sollten wir mit Margrith und Kurt Haverkamp in einem Interview über das Geheimnis der Liebe sprechen – schliesslich haben die beiden etwas geschafft, was nur wenige Paare von sich behaupten können: Sie sind seit 65 Jahren glücklich miteinander verheiratet. Und auch wenn die Schmetterlinge im Bauch im Laufe der Jahre vielleicht etwas weniger geworden sind: die tiefe Verbundenheit zwischen den beiden ist sofort spürbar. Als sie für den Fotografen unseres Magazins auf einem Sofa im Eingangsbereich des Betagtenzentrums Viva Luzern Wesemlin posieren sollen, legt Kurt Haverkamp ganz selbstverständlich den Arm um die Schultern seiner Frau. Sie erwidert die Geste mit einem Lächeln und schliesslich mit einem Küsschen auf die Wange. «Von Ihnen beiden können wir noch viel lernen», freut sich der Fotograf. Alle Anwesenden lachen herzhaft. Und alle wissen: Er hat Recht.

Nach einem Schlaganfall kam die Unsicherheit
«Dass wir einander noch haben, ist unser grösstes Geschenk», bestätigt wenig später Margrith Haverkamp. Mittlerweile sind wir in ihrem Appartement im 3. Stock im Haus Morgenstern des Betagtenzentrums. Im Juli sind es zwei Jahre, seit Margrith und Kurt Haverkamp im Viva Luzern Wesemlin ein Zwei-Zimmer-Appartement bezogen haben. Zuvor lebten sie während rund zwanzig Jahren in einer geräumigen Eigentumswohnung im Büttenenquartier. «Wir hatten uns ein schönes Plätzchen eingerichtet und waren sehr glücklich in unserer Wohnung», sagt Margrith Haverkamp – und seufzt dabei sanft. Sie macht kein Geheimnis daraus, dass es ihr nicht leichtfiel, von ihrem alten Zuhause Abschied zu nehmen. Im Gegenteil: «Im ersten Moment war es traurig, himmeltraurig sogar. Aber es war trotzdem der richtige Entscheid.» Nachdem Margrith Haverkamp vor einigen Jahren kurz vor Weihnachten einen Schlaganfall erlitt, war vieles nicht mehr wie zuvor. Sie hatte je länger je mehr Mühe zu atmen und wurde immer ängstlicher. «Mir fehlten je länger je mehr die Kraft und auch der Mut. Irgendwann traute ich mich kaum mehr raus, weil ich Angst hatte, zu stürzen.» Als dann im Frühjahr 2020 die Pandemie begann, war dem Ehepaar irgendwann nicht mehr wohl, so ganz allein zu Hause. «Wir spürten: Jetzt ist es an der Zeit, etwas zu unternehmen», erzählt Kurt Haverkamp.

Die Töchter sind stets unterstützend dabei
Gemeinsam mit ihren beiden Töchtern, zu denen sie seit jeher ein sehr nahes Verhältnis pflegen, informierten sich die Haverkamps über die vor handenen Möglichkeiten. Für die Unterstützung ihrer Liebsten war das Ehepaar dankbar. «Wir haben in unserem Leben immer alles mit unseren Töchtern besprochen. Und wir sind sehr froh, dass uns die beiden auch bei diesem grossen Schritt zur Seite standen.» Gemeinsam entschloss sich die Familie, die geliebte Eigentumswohnung in der Büttenen zu verkaufen und sich für einen Platz bei Viva Luzern anzumelden. Dass sie sich gerade für den Standort Wesemlin entschieden, ist kein Zufall: Vor ihrer Zeit im Büttenenquartier lebten die Haverkamps mehr als 20 Jahre am Schibiweg, nur einige Minuten vom Betagtenzentrum Wesemlin entfernt. «Das Gebiet ist uns deshalb sehr gut bekannt», betont Kurt Haverkamp. Blind zusagen wollte das Ehepaar dennoch nicht: «Wir nutzten die Gelegenheit, um uns vor Ort ein Bild zu machen.» Im Rahmen einer Besichtigungstour erhielten die beiden Einblick in das Betagtenzentrum, das Restaurant, die Zimmer, die Umgebung. Zudem nutzten sie vor Ort die Gelegenheit, um verschiedene Fragen zu stellen. «Wir fühlten uns hier von Anfang an sehr willkommen», sind sich die beiden einig. Dass das Ehepaar während der Besichtigung sogar das eine oder andere bekannte Gesicht – eine frühere Arbeitskollegin, ein altes Schulgspändli – entdeckte, erleichterte den Entscheid zusätzlich. Vor dem Umzug stand jedoch noch eine richtig schwere Aufgabe an: das Räumen der alten Wohnung. «Glücklicherweise haben auch das unsere Töchter an die Hand genommen», sagt Margrith Haverkamp. Wieder seufzt sie: «Das ging alles sehr schnell, vielleicht etwas zu schnell für mich.» Viele der Möbel seien schon seit Generationen von der Familie benutzt worden. «Und dann, von einem Tag auf den andern, kommt fast alles weg.» Das sei nicht einfach gewesen.

Klein, aber wohnlich
Heute sind Margrith und Kurt Haverkamp im Wesemlin angekommen, wie sie beide betonen. Sie haben sich eingerichtet, eingelebt und auch in der Gemeinschaft der Bewohnerinnen und Bewohner integriert. Er nimmt regelmässig an Boule-Partien mit einer Männergruppe teil, sie probiert immer wieder neue Aktivitäten aus. Auch selbstständige Unternehmungen rund ums Quartier oder in die Stadt machen die beiden ab und zu. Die beiden mögen es gesellig, gleichzeitig geniessen sie aber auch die Privatsphäre in ihren eigenen vier Wänden. Das Appartement ist vielleicht nicht besonders gross, aber es wirkt wohnlich, persönlich, heimelig. An den Wänden hängen Familienfotos und Kalender mit Naturbildern. Der runde Holztisch und weitere persönliche Stücke sorgen für eine gemütliche Atmosphäre.

Sie sitzen gerne hier, um zu zweit oder mit Besucherinnen und Besuchern in alten Erinnerungen zu schwelgen. Am liebsten sprechen sie von ihren Reisen rund um die Welt. Als das Stichwort fällt, beginnt Margrith Haverkamp sogleich mit der nächsten Anekdote: Sie erzählt von ihrer Reise nach Uruguay, als sie eigentlich nur ihre Tochter besuchen wollte – und dann unverhofft Gast an deren Hochzeit war. Noch heute schwärmt das Paar zudem von einer mehrwöchigen Australienreise um die Jahrtausendwende. Und natürlich waren sie auch häufig in der Schweiz unterwegs: «Ob in Engelberg, im Wallis, im Bündnerland oder im Berner Oberland: Das Reisen war stets unsere gemeinsame Leidenschaft.» Dies belegen die zahlreichen Fotoalben, welche die beiden fein säuberlich in ihrem Bücherregal stehen haben. Auch neben ihren Reisen haben die beiden viel erlebt und zu erzählen. Sie liebt Sprachen und konnte ihre Leidenschaft in ihrem Beruf als Fremdsprachenkorrespondentin ausleben. Er ist weniger sprachbegabt, dafür umso besser mit den Händen. Zuerst arbeitete er lange als Käser – während einiger Zeit sogar in Holland und Dänemark –, und dann war er auch noch in einer Auto- und Motorradgarage am Kreuzstutz tätig.

Individualität wird grossgeschrieben
Wer in seinem bisherigen Leben so aktiv war, denkt wenig überraschend gerne an frühere Zeiten zurück. Trotzdem haben sich die beiden auch mit ihrem neuen Lebensabschnitt im Wesemlin angefreundet. «Wir haben es gut hier», sind sie sich einig. «Wir sind vielleicht nicht mehr so schnell und fit wie früher, dafür haben wir nun immer jemanden, der auf uns aufpasst.» Diese Zusammenfassung würde wohl auch Doris Fankhauser unterschreiben. Die Betriebsleiterin von Viva Luzern Wesemlin ist beim Interview mit Margrith und Kurt Haverkamp dabei und hört dem Gespräch aufmerksam zu. «Wir versuchen bei Viva Luzern eine Willkommenskultur zu leben», sagt Fankhauser. Lebensfreude sei schliesslich keine Frage des Alters, sondern der Lebensqualität. Um diese möglichst hoch zu halten, legt der Betrieb zum Beispiel Wert auf eine grösstmögliche Individualität und Autonomie der Bewohnerinnen und Bewohner. Dazu gehört auch eine hohe Wahlfreiheit. «Unsere Bewohnerinnen und Bewohner entscheiden wenn immer möglich selber, wie sie ihr Leben gestalten wollen», betont Doris Fankhauser. «Wir ermuntern sie, an unseren Aktivitäten teilzunehmen, respektieren aber auch, wenn jemand lieber für sich bleiben möchte.» Ein besonderes Augenmerk lege die Betriebsleitung zudem auf die Neuankömmlinge. «Uns ist es wichtig, dass sich die Leute von Anfang an wohlfühlen.» Die Betriebsleiterin weiss: Ein guter Start legt den Grundstein für ein positives Zusammenleben.

Kurt und Margrith Haverkamp feiern dieses Jahr beide ihren 90. Geburtstag. Wie ist es, Herr und Frau Haverkamp, das Leben im Alter? «Man macht weniger und vergisst dafür mehr», sagt Margrith Haverkamp und schmunzelt. Manchmal ärgert sie sich darüber, aber ihren Lebensmut hat sie deswegen nicht verloren. «Uns geht’s gleich wie allen anderen auch.» Heute sind die beiden froh, dass sie nicht alleine sind, dass sich immer jemand um ihr Wohl kümmert. «Im Alter muss man schauen, dass man Hilfe hat», sagt Margrith Haverkamp. «Und hier im Wesemlin haben wir wirklich sehr gute Hilfe. Darüber bin ich sehr froh.» Das Schönste aber sei, dass sie nach all den Jahren immer noch ihren geliebten Kurt an ihrer Seite habe. «Auch wenn er nicht mehr so gut hört und auch wenn wir manchmal etwas gar nahe aufeinandersitzen – ich bin dankbar, dass wir uns haben.» Das bestätigt auch ihr Ehemann, der sich sonst eher zurückhaltend gibt. «Wir kommen gut aus miteinander. Das macht das Ankommen im Betagtenzentrum sicher einfacher.»